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19:30
Z Ypsilon X
Ein Abend mit Peter Waterhouse
Peter Waterhouse (geboren 1956 in Berlin) legt mit Z Ypsilon X (Matthes & Seitz 2025) ein monumentales Buch in drei Teilbänden vor. Darin durchquert er seine eigene Familiengeschichte rückwärts, wie es der Titel vorgibt, in der Gegenrichtung des Alphabets – gewissermaßen eine Flucht nach hinten, zu einem von vielen möglichen Anfängen der eigenen Familiengeschichte, in eine Zeit vor der Geburt der Mutter, als deren Eltern sich das erste Mal begegneten:
eine Stummfilmpianistin und ein Mann, ein Kriegsheimkehrer, der sich nichts sehnlicher wünscht, als Schriftsteller zu werden, der aber stattdessen, scheinbar gegen alle seine Prinzipien, zum Hauptschriftleiter im Dienste der Nationalsozialisten avanciert und später an der Front fällt. Es liegt in der Natur dieses außergewöhnlichen Buchprojekts, dass es sich auch ganz anders zusammenfassen ließe: als Text über einen Mann etwa, der sich vor der Stille fürchtet und der in Graz das schnellste Motorrad der Welt kauft.
Eine Hauptakteurin dieses Werks, das sich auf keine Gattung festlegen lässt, ist die Literatur selbst. Die Leser:innen folgen dem Erzähler in die großelterliche Bibliothek, blättern in den vererbten Büchern von Karl Kraus oder Peter Altenberg und deuten die Zueignungen und Anstreichungen an den Seitenrändern – eine Form des Deep Reading der besonderen Art. Es geht aber auch um die Sprache an sich, um die Stille und die Pause vor der Sprache, um den Unterschied zwischen dem „gesagten Etwas und dem gesprochenen Nichts“. Hinzu kommt eine Bewegung zwischen unterschiedlichen Sprachen, dem Englischen und Deutschen, etwa am Beispiel einer obsessiven David Copperfield-Lektüre. Im Zentrum steht dabei nicht, was in der Übersetzung sprichwörtlich verloren geht, sondern im Gegenteil, was neu dazugewonnen wird: wenn sich air in Arie verwandelt, rookery in Kräherei und das schlichte Wort daisy plötzlich eine Wirbelschleppe an Bedeutungen hinter sich herzieht. Z Ypsilon X ist ein Textmassiv, durch das sich jede Leserin und jeder Leser andere Gänge sprengen wird – ein Labyrinth, in dem sich Dutzende von Ariadnefäden kreuzen.
In Lesung & Gespräch Peter Waterhouse
Moderation Beate Tröger
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Ort:
Haus für Poesie
Google Maps
Knaackstr. 97 (Kulturbrauerei)
10435 Berlin -
Eintritt:
8/5 €
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