Mi,
19:00
die Brombeeren so schwarz, daß sie die Nacht beneidet hat
Poesie lesen von: Adam Zagajewski
Adam Zagajewski (geboren 1945 in Lemberg, gestorben 2021 in Krakau) war einer der letzten Dichter von gesamteuropäischem Rang.
Er wurde ein flanierender Weltbürger genannt, ein weltlicher Mystiker (obwohl er auf dem Gebiet der Mystik ein bekennender Anfänger blieb). Getrieben wurde Zagajewski von einer, wie er es selbst nannte, „vertikalen Sehnsucht“. Zwischen 1972 und 2019 legte er 14 Gedichtbände vor, dazu fast ebenso viele Bücher mit Essays. Seine Heimat liebte er, blieb aber ein Skeptiker. Das Polen in den Gedichten der Deutschen und Russen erkannte er nicht wieder, er verglich es mit einem Einhorn, das sich von der Wolle der Gobelins nährt. In den eigenen Gedichten erzählt er von der Täuschung, die „im milden Geschmack der langen Sommerabende“ liegt, vom dunklen Esperanto der Bäche, von Jesus im „Sonntagsanzug aus Dornen“ und von der Nichtunterscheidbarkeit von Lebenden und Toten. Manchmal weisen seine Texte einen Zug ins Resignative auf. Einmal heißt es: „Wirklich leben können wir nur in der Niederlage.“ Am Ende desselben Gedichts: „Daß uns nur ja nicht der Sieg überrascht.“ In zahlreichen Gedichten pflegt Zagajewski Umgang mit den großen Künstlern der Vergangenheit: Die Leser:innen begegnen Franz Schubert auf einer Pressekonferenz, werden Zeug:innen eines weinenden Schopenhauers, dessen Einsamkeit wie niederländisches Leinen zittert. Zagajewski schrieb eine „Ode der Vielheit“ und eine „Elektrische Elegie“ über einen geerbten „Volksempfänger“, über dessen Lautsprechern sich der Stoff zu Chopins Walzer hebt. Wie Rilke liebte er die einfachen Wörter, die aus dem Dunkel steigen und ihre Namen verraten: Tisch, Stuhl, Salzstreuer. In dem Gedicht „Selbstbildnis“ sagt er über sich, er sei ein Kind der Luft, der Minze und des Cellos. In seinen letzten Gedichten schrieb Zagajewski über die Unschuld eines Museums für Imkerei und über windstille Tage, an denen die Götter dösen.
Michael Krüger und die polnische Dichterin Marzanna Kielar reden über Adam Zagajewskis Bedeutung damals und heute und lesen seine Gedichte.
Die Veranstaltung wird polnisch-deutsch gedolmetscht.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Haus für Poesie mit dem Polnischen Institut Berlin
In Lesung & Gespräch Marzanna Kielar, Michael Krüger
Moderation Matthias Weichelt
Das Zitat aus dem Titel stammt aus: Adam Zagajewski, Die Wiesen von Burgund. Ausgewählte Gedichte. Aus dem Polnischen von Karl Dedecius © 2003 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
-
Ort:
Polnisches Institut Berlin
Burgstraße 27, 10178 Berlin
Google Maps -
Eintritt:
Eintritt frei